Initiative für Moderne Lernumgebungen
- integrative Konzepte gegen Musterlösungen
Moderne Bildung verlangt nach integrativen Konzepten und Methoden zur Modellierung entsprechender Lernumgebungen. Bei einer Entscheidung für oder gegen den jeweiligen Einsatz von Technik sind didaktische Fragen und Abwägungen je nach Ausrichtung der Schule unverzichtbar. Im Idealfall basiert die Medienbildung auf den individuellen Bedürfnissen der Schülerschaft und auf einem inklusiven Schulkonzept, welches auf der Grundlage von bedarfsgerechter Technik und einer gut durchdachten Lernlandschaft zu einem angenehmen Schul- und Lernleben beiträgt.
Im Rahmen unserer Initiative für Moderne Lernumgebungen und den vergangenen Workshops berichtete uns der Schulleiter der Peter-Härtling-Schule in Schleswig-Holstein von seinen Erfahrungen.
Lieber Jan, danke, dass du dir für uns Zeit genommen hast! Was verstehst du unter dem Begriff Digitale Schule und welche Auswirkungen hat Digitalisierung auf eine lehrreiche Wissensvermittlung?
Jan:
"Für mich ist eine Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ein Ort, der unsere Schülerschaft auf eine digitale Lebenswelt vorbereiten soll. Der einerseits den Umgang mit digitalen Medien lehrt, aber andererseits auch die SchülerInnen dazu bewegt, die digitalen Medien zu nutzen. Im Zuge der Digitalisierung hat sich das Schulleben teilweise verändert und wir sind dadurch tagtäglich mit Problemen und Herausforderungen konfrontiert. Eine digitale Schule verändert die Methodik im Unterricht, aber nicht das Schulleben an sich. Grundsätzlich erlebe ich aber durch die Digitalisierung eine hohe Qualitätssteigerung im Unterricht. Als kommissarischer Schulleiter sehe ich häufig, mit wie viel Kreativität und technischen Ideen die SchülerInnen zum Lernen befähigt werden. Die Lehrkräfte nutzen verschiedene Softwarelösungen oder Apps, damit sich die SchülerInnen selbst Wissen aneignen können. So entsteht ein hohes Maß an Selbstständigkeit im Unterricht."
Welche Kriterien sind nötig für die Planung und Vorbereitung von Unterrichtsstunden, welche diese neuen Technologien integrieren?
Jan:
"Einerseits muss es praktikabel sein, andererseits müssen immer bestimmte Maßstäbe und Kriterien herangezogen werden. Folgende Fragestellungen sind wichtig: Was ist der aktuelle Status der SchülerInnen? Welche Lernerfahrung haben sie schon mit digitalen Medien? Welches Lernziel verfolge ich im Unterricht? Und wie kann ich die Medien bestmöglich einsetzen, um dieses Lernziel damit zu erreichen."
Die Transformationsbereitschaft in Zusammenhang mit digitalen Themen oder die sogenannte Digitale Affinität gehört zu den sensibelsten Themen. Wie ist dein Empfinden diesbezüglich und wie wichtig ist die pädagogische Aufgeschlossenheit?
Jan:
"Im Jahr 2015 nahm die Schule erfolgreich an dem Modellprojekt „Lernen mit Digitalen Medien“ teil und wurde ein Jahr später von der UNESCO Kommission für eine nachhaltige Entwicklung nominiert. Es war uns bewusst und auch wichtig, dass uns digitale Medien im Lernen unterstützen und nicht die pädagogische Arbeit ersetzen. Zu Beginn unserer Planung im Jahr 2015 gab es noch keinen Digitalpakt und somit mussten wir aufgrund knapper finanzieller Mittel anders planen. Da das Medienkonzept seit 2015 stetig weiterentwickelt wird, sprechen wir auch eher von einer medienkonzeptionellen Arbeit. Hierfür ist eine Arbeitsgruppe zuständig, die im Rahmen des Schulprogramms das Thema stetig vorantreibt und mit dem Kollegium kommuniziert. Somit gibt es kontinuierlich Erneuerungen, Ideen sowie Lösungen, die wir im Unterricht ausprobieren."
Besonderheiten bei der Ausstattung der Sonderschulen
Die Ausstattung eines Förderzentrums unterscheidet sich nur gering von der Ausstattung anderer Schulen. Welche Besonderheiten gibt es dennoch?
Jan:
"Einige Besonderheiten sehe ich vor allem in der Abhängigkeit vom Schulträger. Bezogen auf den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung muss unsere Ausstattung für die Schüler:innen stabil, individuell und angepasst sein. Wir benutzen beispielsweise digitale Medien, die teurer sind als die herkömmlichen. Gleichzeitiges Arbeiten der Schüler:innen am Laptop oder Frontalunterricht gibt es bei uns nicht. Wenn die Schüler:innen selbstständig mit dem digitalen Medium lernen sollen, bekommen sie individuelle Aufgaben. Beispielsweise bearbeiten die Schüler:innen eine Aufgabe, während die anderen Schüler:innen mit einem Vorlesestift bestimmte Themen abhören. Das sind alles Möglichkeiten, die abhängig sind von der Schülerschaft, der Lehrkraft und dem Unterrichtsstoff."
Oftmals gibt es vom Land bestimmte Empfehlungen oder Auswahlkriterien für die Technologien. Welche Erfahrungen hast du diesbezüglich gemacht?
Jan:
"Auch hier zeigt sich wieder die Besonderheit unseres Zentrums: nachdem es sehr wenige Schulen dieser Art im Land gibt und unsere Schülerschaft sehr individuell ist, werden wir in diesem Punkt wenig berücksichtigt. Wir haben in Seminaren oder Bootcamps oft solche Fragestellungen diskutiert: Welche Lösungen haben andere Förderzentren? Welche Geräte verwenden diese?"
"Allerdings war das eher ein Austausch unter Leidensgenossen, als dass wir wirklich von unabhängigen Beratern begleitet wurden."
Entspricht eure heutige infrastrukturelle Realität den Wünschen deines Schulkollegiums?
Jan:
"Dank unseres Schulträgers haben wir in den letzten Jahren eine sehr gute Ausstattung erhalten, zu der auch eine digitale Tafel gehört. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die Netzinfrastruktur funktioniert. Dies ist bei uns leider nicht immer der Fall und ich erhalte vom Schulkollegium oft die Rückmeldung, dass die Kollegen digitale Medien nicht zuverlässig nutzen können, da beispielsweise das Internet instabil ist. Das ist frustrierend und erfordert von der Lehrkraft eine Alternativlösung."
Digitale Arbeitsgruppe und Berater
Ihr habt innerhalb des Kollegiums eine aktive und sehr engagierte Arbeitsgruppe. Wie ist es dazu gekommen?
Jan:
"Im Jahr 2015 sind wir eine Modellschule für digitales Lernen geworden und haben damals mit dem Preisgeld von 15.000 € versucht, unsere Schule in Eigenregie zu digitalisieren. Die Kollegen haben sich in vielen Bereichen selbst fortgebildet, in Themen eingearbeitet und ihr erlerntes Wissen weitergegeben."
Diese digitale Arbeitsgruppe ist ein internes Konstrukt. Hattet ihr auch einen externen, neutralen Berater oder den sogenannten Trusted Advisor? Falls ja, war diese Zusammenarbeit für euch hilfreich?
Jan:
"Wir erhielten vor einigen Jahren Unterstützung des Staates. Das war aber eher eine Musterlösung und keine individuelle Beratung. Wir hatten somit keine zentralisierte externe Körperschaft oder ein Unternehmen, dass für die Umsetzung von Maßnahmen zuständig war. Beispielsweise hatten wir anfangs eine sehr langsame Internetverbindung und haben auf Nachfrage vom Schulträger eine schnellere Verbindung erhalten. Jedoch sind wir mittlerweile auf eine Landeslösung umgestiegen."
Education campus awards 2022 und die Teilnahme an der Initiative für Moderne Lernumgebungen
Was war die Motivation, euch für die education campus awards 2021 zu bewerben?
Jan:
"Wir haben uns als Schule beworben, weil ich der festen Überzeugung bin, dass unser Kollegium trotz der genannten Lücken durch die digitalen Medien einen sehr guten und höchst qualitativen Unterricht bietet und die Schüler:innen im höchsten Maße davon profitieren können."
Du hast dich anschließend bereit erklärt, an der Initiative teilzunehmen. Warum? Und inwieweit hat dir oder deiner Arbeitsgruppe diese Teilnahme geholfen?
Jan:
"Als wir uns für die education campus awards 2022 beworben haben, war mir nicht bewusst, dass es solche Angebote gibt. Meine Arbeitsgruppe und ich sind bis heute sehr positiv überrascht über diese Inhalte, die wir kostenlos erhalten haben. Ich habe diese professionelle Begleitung als sehr bereichernd erlebt."
Wem würdest du eine Teilnahme an der Initiative empfehlen?
Jan:
"Eigentlich würde ich das jedem empfehlen, aber ganz besonders Schulen, die noch ganz am Anfang ihrer konzeptionellen Arbeit stehen und sich gar nicht darüber im Klaren sind, mit welcher Technik sie weiterarbeiten wollen. Hierbei bietet die Initiative für Moderne Lernumgebung eine optimale ergänzende Hilfestellung, um schulische Digitalisierungsmaßnahmen, Medienkonzepten und Umsetzungsstrategien voranzutreiben."
Welche Förderung wünschst du dir als Schulleiter?
Jan:
"Vor allem natürlich genügend finanzielle Ausstattung, um auch über diesen ersten Anstoß einer Digitalisierung weiterzudenken. Corona ermöglichte uns in Schleswig-Holstein ein Sofortprogramm für die Anschaffung von Endgeräten, aber viel Geld für Weiteres ist dann nicht übrig. Und auch die digitalen Tafeln, die wir jetzt in jeder Klasse haben, werden nicht so lange halten wie eine Kreidetafel. Ich hoffe, dass die Gelder nicht zu knapp bemessen sind, somit Sparmaßnahmen getroffen werden müssen und es irgendwann nur noch veraltete Technik in der Schule gibt. Ich wünsche mir, dass Bildung auch als systemrelevanter Bereich anerkannt wird und langfristig an Gelder und Finanzierungskonzepte gedacht wird."
Vielen Dank, Jan, für diese interessanten Einblicke in eure wertvolle Arbeit hinsichtlich des digitalen Fortschrittes im Schulleben. Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg und gutes Gelingen bei der digitalen Weiterentwicklung eures schulischen Alltages!
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Initiative für Moderne Lernumgebungen
Die Digitalisierung der Schulbildung endet nicht mit der Beschaffung von IT-Endgeräten. Sie ist eine langfristige Daueraufgabe. Die Themen sind zahlreich.
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Veranstaltung

education campus awards 2022
13.12.2022
Mit den education campus awards 2022 zeichnen Intel Deutschland und die GFKD AG innovative Schulträger und Schulen für ihr Engagement und erfolgreiche Projekte aus.